Fiat 128 (1969 – 1980)

Die italienischen Autofahrer sind anspruchsvoll geworden und der europäische Kleinwagensektor wartet mit immer verlockenderen Produkten auf, die nicht nur aktueller und technologisch fortschrittlicher sind, sondern auch komfortabler, geräumiger und leistungsfähiger; Erzeugnisse, die darüber hinaus ein modernes Design aufweisen, das weniger stark beeinflusst wird durch die Erfordernis, Material einzusparen. Endlich gelingt es Giacosa, einen Kleinwagen zu verwirklichen, der den neuen Verbraucherbedürfnissen entspricht, der wettbewerbsfähig ist, eine neue Architektur hat und über neue technische Lösungen verfügt.



Der 128, Erbe sämtlicher Untersuchungen und Erfahrungen, die von Giacosa seit Anfang der sechziger Jahre gemacht wurden und in den Autobianchi Primula von 1964 einflossen, ist ein Kompaktwagen mit quer eingebauten 1.000-cm3 – Motor, Frontantrieb und Einzelradaufhängung an der Hinterachse. Der 128 wird in drei Versionen herausgebracht, als Viertürer, Zweitürer und Station Wagen. Nicht anerkannt wird dagegen die dreitürige Schrägheckvariante, die als zu ungewöhnlich abgelehnt wird vom Management, das befürchtet, damit den Erwartungen und Gewohnheiten des italienischen Verbrauchers nicht gerecht zu werden. Diese Version, die in Jugoslawien produziert wird, übernimmt zum Teil die Linienführung des Primula und antizipiert, was den Schnitt des Hecks betrifft, die von Pio Manzú 1971 für den 127 ergriffene Lösung, die für viele der in den darauf folgenden Jahren von Fiat und anderen Herstellern produzierten Automobile eine Art formalen Bezug darstellt.

Der 128, der von Journalisten er Fachpresse aus sieben Ländern zum „Fahrzeug des Jahres“ gekürt wird, bleibt über ein Jahrzehnt lang in Produktion und ist aufgrund der brillanten Fahrleistungen, der Einfachheit, des Komforts, der Sicherheit und Zuverlässigkeit der bevorzugten Kleinwagen vieler italienischer und ausländischer Autofahrer. Giacosa ist zu Recht stolz auf dieses neue Produkt seiner unermüdlichen Recherchen und Mühen. „Unter allen Fiat Modellen“ schreibt er „und vermutlich unter allen Fahrzeugen, die die Straßen dieser Welt befahren, ist der 128 meines Erachtens das Fahrzeug, dessen `Wert` im Verhältnis zu den Kosten am höchsten ist. Die Anordnung des Motors und des Getriebes, das bereits im Autobianchi Primula zum Einsatz kommt, hat aufgrund ihrer extremen Einfachheit Schule gemacht: kurz darauf wird diese Einbaulage für kleine japanische Fahrzeuge übernommen, findet sich später auch bei den neuen Modellen von VW und beim Ford Fiesta wieder und greift insgesamt immer mehr um sich“  (D. Giacosa, I miei 40 anni ...)




Formal gesehen übernimmt der 128, der vom Centro Stile Fiat unter der Leitung von Boano entworfen wird, die Linienführung des 124: eine `trilithische`, eckige, im wesentlichen konventionelle, dabei jedoch außerordentlich interessante Kombination. Wie bereits der 124 ist auch der 128 das Produkt einer Zeit, in der der günstige Kraftstoffpreis jede Sorge um die Aerodynamik in den Hintergrund hat rücken lassen. Was bleibt, ist jedoch die durch die Steuerpolitik gesetzte Grenze, die die höheren Hubraumklassen stark benachteiligt und Fiat veranlasst, Fahrzeuge mit kleineren, aber außerordentlichen drehfreudigen Motoren zu bauen, die in der Lage sind, geräumigen, bequemen und behaglichen Fahrzeugen überzeugende Fahrleistungen zu garantieren.
Der 128 ist das gelungenste Produkt dieser Politik. Tatsächlich geht es darum, ein Automobil für eine möglichst große Benutzerzahl zu entwerfen, so dass es am zweckmäßigsten ist, eine einfache vertraute Form zu wählen, die, bei möglichst niedrigen Kosten, Geräumigkeit, Platz, Komfort, Schutz und Sicherheit zu bieten vermag. Die ´trilithische` Bauweise und die kantige Form lassen das Auto größer erscheinen und verleihen dem neuen Kleinwagen die Würde eines Fahrzeugs der höheren Klasse.
Wie gesagt, in einer Marktsituation, in der der Kraftstoff weniger kostet und die Gesellschaft reicher geworden ist, tritt das Bedürfnis der Energieeinsparung, mitder die Studien im Bereich Aerodynamik zusammenhängen, hinter andere Erfordernisse zurück, wie einen höheren Komfort oder ein wohnlicheres und zwangloseres Interieur. Gewünscht wird, kurzum, ein Automobil, das die neuen Werte des Wohlstandes zu vermitteln weiß. Und diese Umstände insgesamt sind es, die dazu führen, dass der windschnittigen, geschmeidigen Linie, die den 600, den 500, den 850 und die in den vorangehenden Jahrzehnten gebauten Kleinwagen gekennzeichnet hat, der Rücken gekehrt wird. Es ist jetzt nicht mehr notwendig, die Karosserie so „eng“ wie möglich um die Insassen herum zu bauen, um Material einzusparen.



Die Passagiere können jetzt „freier atmen“ und dürfen das Auto entspannter, behaglicher und, dank der großzügigen Scheibenflächen (die, vertikal gesehen, fast die Hälfte der Seitenwand einnehmen), in einer intensiveren Beziehung zur Außenwelt erleben. Was nach wie vor gilt, und möglicherweise sogar in verstärktem Maße, ist die Anforderung der Kontrolle der Kosten des Herstellungsprozesses und dies hat direkten Einfluss auf die Formgebung des Erzeugnisses: einfachere und lineare Geometrien als Garanten für sehr viel niedrigere Produktionszeiten und –kosten.
Es bleibt jedoch die Tatsache, dass die von Boano senior und junior geleistete arbeit im Ergebnis ununterbrochen eine Art Fraktur beim Design der für die Massenproduktion bestimmten Standartmodelle und dem der Sonderversionen zum Vorschein bringt.
Die Boanos leisten im Laufe der sechziger und siebziger Jahre mit der Konzeption sämtlicher Großserienmodelle – vom 850 über den 124, den 125 und den 128 bis zum 130 – einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens; wodurch sich ihr Wirken jedoch wirklich auszeichnet, ist die Strenge und die Eleganz der von diesen Modellen abgeleiteten Versionen. Nicht zu vergessen ist, dass, wie schon Giacosa, auch die Boanos zusehen müssen, wie einige ihrer innovativsten Produkte anderen Marken zugeführt werden. Dies ist der Fall beim Primula, dem 111 und dem 112 von Autobianchi sowie dem in Jugoslawien produzierten 128 Fastback. All diese Automobile, Opfer einer Art „Aberkennungsprozess der Vaterschaft“ seitens Fiat, sowohl im Hinblick auf das Design als auch die Technik, nehmen viele der formalen Lösungen vorweg, die sich im anschließenden Jahrzehnt durchsetzen werden und die auch in einigen Produkten der achtziger Jahre weiterleben werden.




(Quelle: Fiat 1899 – 1999 ; Die Kreativität – Das Design – Der Erfolg)



Entwicklungsjahre des Fiat 128 – Änderungen im Laufe der Zeit



1969


Der im März in Turin vorgestellte Fiat 128 wird ab Juni in Deutschland ausgeliefert.
Interne Bezeichnung: Typ 128 A.
Neues Fahrwerk mit Einzelrad-Aufhängung an beiden Achsen, erster Frontantrieb-Personenwagen von Fiat.
Neu konstruierter Motor mit Merkmalen des größeren Typs 125.1116 ccm Hubraum und 55 PS bei 6000 U/min.
Eine oben liegende Nockenwelle, von Zahnriemen angetrieben, fünffach gelagerte Kurbelwelle, Fallstromvergaser Weber oder Holley 32 ICEV 10 oder Solex 32 DISA.
Neue Karosserie: 2- oder 4-türige Limousine.

Oktober
Kombi-Typ "Familiare" , in Turin vorgestellt.
Geänderte Hinterachsuntersetzung.
Hintere Blattfeder mit drei Blättern.

Dezember
Lichtmaschinenhalterung ab Fahrgestell-Nr. 091 154 verändert, dadurch längerer Keilriemen.


1970


Auszeichnung zum "Auto des Jahres" in Schweden, Holland, England und in der Tschechoslowakei.

März
Kreuzgelenk der Lenkung neben der kleinen Ablage aus Sicherheitsgründen abgedeckt.

August
Heizbare Heckscheibe (nicht beim Kombi).
Verbesserter Feuchtigkeitsschutz am Zündverteiler.

Oktober
Ab Fahrgestell-Nr. 326 214 Fortfall der Keilnutverbindung bei den Achswellen, jetzt einteilige Wellen.


1971


Januar
Bremskraftregler ab Fahrgestell-Nr. 425 879 aus der Höhe des linken Querträgers annähernd in Hinterachsmitte verlegt.
Ab Spanner der Handbremse separates Seil zum rechten Hinterrad anstelle von durchlaufendem Seil von Rad zu Rad.

März
Vorstellung des Fiat 128 Rally 1300 auf dem Genfer Salon.
Interne Bezeichnung: Typ 128 AR.
Auf 1290 ccm vergrößerter Hubraum, Leistung 67 PS bei 6200 U/min.
Fallstrom-Doppelvergaser Weber 32 DMTR.
Gegenüber Limousine geänderte Steuerwelle.
Höchstgeschwindigkeit mit 152 km/h um rund 10 km/h höher als beim Typ A.
Unterdruck-Servobremse, verbesserte Radaufhängung, SR-Reifen.
Vier Halogen-Scheinwerfer, Drehzahlmesser, Wasserthermometer, Öldruckmesser, Drehstrom-Lichtmaschine.
Mittelkonsole, Kunstlederbezüge.
Vordersitze regulierbar mit Kopfstütze, 2-türlge Limousine mit neuen Stoßstangen, geänderten Rückleuchten und hinteren Ausstellfenstern.

April
Beim Typ A ab Fahrgestell-Nr. 534 444 Gehäusesockel der Kennzeichenleuchte nach unten herausziehbar statt vorher abnehmbarem Deckglas.
Ab Fahrgestell-Nr. 534 642 Einführung der Höhenverstellung der Hauptscheinwerferreflektoren.

Mai
Geänderte elektrische Anlage mit 8 statt 10 Sicherungen ab Fahrgestell-Nr. 592 489.

Juli
Prototyp des Zastava 101 als jugoslawische Version des Fiat 128 Kombi auf dem Autosalon Belgrad gezeigt.

Herbst
Turnus des Zahnriemenwechsels von 40000 auf 60 000 km verlängert.

Oktober
Auslieferungsbeginn des Fiat 128 Rally'1300 in der Bundesrepublik.
In Vorbereitung für Ende 1972: Fiat 128 Spider mit Bertone Karosserie und Oberrollbügel ; Mittelmotor.


1972


Januar
Garantiezelt für alle Modelle auf 6 Monate ohne km-Begrenzung festgelegt.

März
Die Ende 1971 in Turin vorgestellten Fiat 128 Sport-Coupes werden in Deutschland ausgeliefert.
Modelle 1100 S und SL mit 1116-ccm-Motor und 64 PS bei 6000 U/min, Modelle 1300 S und SL mit 1290-ccm-Motor und 75 PS bei 6400 U/min.
Fallstrom-Doppelvergaser Weber 32 DMTR 20.
Bodengruppe durch Längstunnel verstärkt, Radaufhängung geändert, Radstand auf 2223 mm verkürzt.
Viersitzer. Gepäckraum 350 Liter Fassungsvermögen.
SL-Typen mit Doppelscheinwerfern, Kraftstoffanzeige, Wasserthermometer.
Verchromte Scheibeneinfassungen, Türgriffe, Tankverschluss. Unterdruck-Servobremse.
Höchstgeschwindigkeit mit 160 km/h gegenüber L-Typen um 10 km/h höher.

In neuem Werk von Crvena Zastava in Kragujevac gebauter Lizenz-Fiat 128 Kombi mit überarbeiteter Karosserie, Bezeichnung: Z 101.
Drei Seltenfenster, gegenüber Prototyp 101 weniger schräges Heck, größere Ladeklappe.
Vertrieb in Deutschland über den Importeur Walter Hagen & Co., Krefeld, und in Belgien durch den Importbetrieb Pierre.

Oktober
Verbesserungen an Limousine, Kombi und Rally, die in Deutschland ab Anfang 1973 geliefert werden.
Neuer Kühlergrill, andere Türgriffe, Stoßstangen mit durchlaufender Synthetikauflage, neue Sitzbezüge.
Alle Modelle mit Bremsservo.


1973


März
Produktion in Hellbronn wird eingestellt.
Lieferbeginn der im Oktober 1972 vorgestellten Typen in Deutschland.
Großer Außenspiegel, farbige Batteriepol-Schutzkappen für Plus und Minus.

Oktober
Neues Lackierverfahren mit vorheriger Rostschutzbehandlung der Karosserieteile, 2 Jahre Antirost-Garantie.


1974


Mai
Vertrieb des jugoslawischen Zastava 1100 (Fiat 128-Lizenzbau) durch Fiat/Heilbronn.

Juli
Neues Typenprogramm, das zum 1100 ccm-Motor eine 60-PS-Version mit 1,3-Liter-Motor enthält, mit der Bezeichnung »Special«.
Äußere Kennzeichen: Rechteckige Scheinwerfer, neuer Kühlergrill, Stoßstangen mit Gummiauflage, geänderte Heckleuchten mit Rückfahrscheinwerfern, dazu gepolstertes Lenkrad, Wasserthermometer, elektrische Scheibenwaschanlage, schalenförmige Sitze vorn.
Teppichboden, vordere Radkästen mit eingeschraubten Abdeckungen aus Kunststoff.


1975


März
Einführung des Normal-Modells mit 45 PS Leistung bei einer Verdichtung von 7,8:1, Kraftstoffbedarf Normalbenzin.
Sonstige Ausführung wie bisheriger 55-PS-Typ.

Mai
Auslieferungsende des Fiat 128 mit 55 PS sowie des Typ «Rally«.
Das Special-Modell wird nur noch mit 60-PS-Motor geliefert.
Zylinderkopf mit neuen Brennräumen, Vergaserabstimmungen allgemein geändert.


1976


Mai
Neue Modellreihe anstelle der Typen "Normal" und "Special":
128 (Grundausführung),
128 C (Komfort),
128 CL (Komfort-Luxus).
Die drei Varianten sind mit den bisherigen 1100-ccm- und 1300-ccm-Motoren lieferbar.
Motoren mit modifizierten Vergasern und Startautomatik.
Verbesserte Geräuschdämpfung.
Drehstrom-Lichtmaschine mit elektronischem Spannungsregler.
Übersetzungsverhältnis des Achsantriebes leicht abgewandelt, dadurch niedrigere Drehzahlen.
Karosserien wahlweise zwei- oder viertürig.
Dreitüriger Kombiwagen mit hinteren Ausstellfenstern mit der Bezeichnung "Panorama".
Neuer Kühlergrill, rechteckige Scheinwerfer wie bisheriges Special-Modell, vordere Blinker und Standlichter im Stoßfänger, größere seitliche Blinkleuchten, andere Rückleuchten, heizbare Heckscheibe.
Kunststoff-Stoßfänger.
Räder ohne Radkappen, weniger Chromzier.
Neues Armaturenbrett mit geänderter Schalteranordnung, anderes Lenkrad.
Neu geformte Sitze.


1977


Juni
Kopfstützen serienmäßig.

August
Sonderserie 128 Abarth mit 60-PS-Motor.
Zur Ausstattung gehören Halogen-Scheinwerfer, Verbundglas Frontscheibe, Kopfstützen für alle Sitze, elektrische Scheibenwaschanlage, LM-Felgen mit Reifen 165/70 SR 13, Abarth-Auspuffanlage.
Instrumentierung mit Drehzahlmesser und Kühlwasserthermometer, ferner athermische Scheiben, zwei Rückfahrleuchten und Zweiklanghorn.

September
Erhöhung der Wartungsintervalle auf 15000 Kilometer.


1978


Januar
Sonderserie 128 Turismo (1100 ccm, 55 PS) mit Seitenschutzleisten, Autoradio mit Senderspeicherung und 2 Türlautsprechern, Teleskopantenne, Verbundglas-Frontscheibe.
Lammfell-Garnituren auf den Vordersitzen und Bodenteppiche.
Neues Modell Berlinetta LS, wahlweise 1116-ccm-Motor mit 65 PS oder 1290-ccm-Motor mit 73 PS.

April
Sonderserie 128 Sport als Nachfolger des Modells Abarth vom August 1977.
Die neu gegründete Import- und Vertriebsgesellschaft Promotor Automobilvertrieb GmbH in Heilbronn ist auch für die in Jugoslawien gebauten Fahrzeuge der Baureihe 128 zuständig.




Keine Garantie auf Vollständigkeit !


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